Sorgerecht

Die elterliche Sorge liegt nach unserem Rechtssystem grundsätzlich bei den Eltern bzw. einem Elternteil. Sie kann teilweise oder vollständig entzogen und auf andere Personen, einen Ergänzungspfleger oder auf einen Vormund übertragen werden. Häufig ist dies ein Amtsvormund, aber auch Pflegeeltern können zum Vormund oder Ergänzungspfleger bestellt werden.

Stimmen die Eltern einem Pflegeverhältnis zu, ändert sich in der Regel nichts an der sorgerechtlichen Stellung der Eltern. Wird ein Pflegeverhältnis gegen den Willen der Eltern über ein Gericht initiiert, um eine Kindeswohlgefährdung abzuwenden, entzieht das Gericht den Eltern meist die gesamte elterliche Sorge oder zumindest einen Teil.

Die Personensorge besteht aus mehreren Teilen. Häufig wird nur das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen.

Die größten Unsicherheiten bestehen meist hinsichtlich der „Alltagssorge“.

Hierbei handelt es sich um Rechtsgeschäfte, die üblicherweise mit der Entwicklung, Versorgung, Pflege und Erziehung eines Kindes bzw. Jugendlichen im täglichen Leben in Zusammenhang stehen, und die insoweit keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.

Die Pflegepersonen haben das Recht, bei Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens die förmliche Erklärung gegenüber Behörden, Schulen, Institutionen, Dritten usw. abzugeben und Unterschriften in diesem Rahmen zu leisten sowie Ansprüche geltend zu machen.

Hierzu gehören unter anderem:

  • Anmeldung des Kindes in Kindertagesstätteneinrichtungen, Teilnahme an Elterngesprächen und Elternabenden sowie Teilnahme an Wahlen zur Elternvertretung
  • Wahrnehmung der Rechtshandlungen und der Elternfunktion im Rahmen des Schulbesuches, d. h. Teilnahme an Elterngesprächen, Elternabenden und den Wahlen zur Elternvertretung sowie Entgegennahme von Zeugnissen und Leistung von Unterschriften
  • Einleitung von schulischen und außerschulischen Förderungs- und Bildungsmaßnahmen
  • Wahrnehmung aller Rechtshandlungen, die mit einer Berufsausbildung im Zusammenhang stehen, z. B. Berufsberatung des Arbeitsamtes, Gespräche mit Ausbildungsbetrieben
  • Polizeiliche An-, Um- und Abmeldung
  • Anmeldung des Kindes bzw. Jugendlichen in einer Krankenkasse bei Bedarf
  • Beantragung und Entgegennahme von Kinderausweis, Personalausweis, Reisepass
  • Durchführung/Begleitung der religiösen und kulturellen Erziehung des Kindes bzw. Jugendlichen (nach einer von den Eltern getroffenen Grundentscheidung)
  • Einleitung und Begleitung aller Maßnahmen der medizinischen Grundversorgung des Kindes oder des Jugendlichen wie Arztbesuche, Vorsorgeuntersuchungen, ärztliche empfohlene Impfungen, ärztlich empfohlene therapeutische Maßnahmen
  • Einleitung und Begleitung von Maßnahmen der psychosozialen Versorgung des Kindes, z. B. Beratungsgespräche in einer Erziehungsberatungsstelle
  • Verwaltung des Arbeitsverdienstes, der Ausbildungsvergütung und eines evtl. Sparguthabens, das sich aus Sparbeträgen nach diesem Einkommen oder durch Sparbeiträge der Pflegepersonen ergibt
  • Eröffnung eines Guthabengirokontos für das Kind oder den Jugendlichen (Taschengeldkonto)
  • Anmeldung in Freizeitvereinen, z. B. sportliche Vereinigung, Pfadfinder, Musikverein etc.
  • Entscheidung über die Teilnahme an Urlaub und Freizeit in der Pflegefamilie
  • Selbstständige Beantragung von Personalpapieren für Auslandsreisen

Entscheidungen, die wegen ihrer Tragweite und Endgültigkeit aus den üblichen Betreuungs- und Erziehungsaktivitäten des Alltags herausfallen und meistens „Weichenstellungen“ im Lebensweg der Kinder und Jugendlichen bedeuten, sind vom Inhaber der elterlichen Sorge (leibliche Eltern, Vormund, Ergänzungspfleger) zu treffen. Hierzu gehören unter anderem:

  • Einwilligung in Operationen
  • Einwilligung in außergewöhnliche medizinische Maßnahmen (z. B. seltenere Impfungen, Blutübertragungen, Therapien), die mit erheblichen Gefahren bzw. Risiken für das Wohl oder die Gesundheit des Kindes/Jugendlichen verbunden sind
  • Einwilligung zum Abschluss eines Ausbildungsvertrages (Berufliche Bildung, Vorbereitung)
  • Geltendmachung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen
  • Regelung des Nachlasses, Annahme/Ausschlagung eines Erbes
  • Prozessführung als Kläger oder Beklagter
  • Entscheidung über die Religionszugehörigkeit des Kindes bzw. Jugendlichen
  • Anträge zur Namensänderung des Kindes/Jugendlichen